Bürgerforen in Großbritannien untersuchen, welche Nutzung von Gesundheitsdaten für die Öffentlichkeit vertretbar ist

Connected Health Cities (CHC), eine Initiative in Nordengland, die Gesundheitsdaten zur Verbesserung der medizinischen Versorgung nutzt, hat zwei Bürgerforen abgehalten, um einen Einblick in die öffentliche Meinung zur Datennutzung zu bekommen.  An den Bürgerforen nahmen ca. 18 Bürger*innen teil. Sie diskutierten drei bzw. vier Tage gemeinsam mit Sachverständigen eine bestimmte Fragestellung, bearbeiteten in Kleingruppen eine Aufgabe und erstellten darüber einen Bericht. Es zeigte sich, dass, wenn man Bürger*innen genügend Zeit einräumt und ihnen Unterstützung und Hilfsmittel an die Hand gibt, sie in der Lage sind, wohlüberlegte, informierte Entscheidungen auch bezüglich komplexer Fragestellungen zu treffen.  Die so gewonnenen Daten können hilfreicher sein als die Ergebnisse einer Umfrage.

Die CHC hielt im November 2016 in Nordengland zwei viertägige Bürgerforen ab. Das Ziel war, herauszufinden, welche Verwendung von Gesundheitsdaten in einem lernenden Gesundheitssystem von informierten Bürger*innen als angemessen eingestuft wurde und weshalb sie diese Entscheidung fällten. Ein lernendes Gesundheitssystem ist ein Gesundheitssystem, in dem die Analyse von Gesundheitsdaten regelmäßig dazu verwendet wird, die medizinische Versorgung fortlaufend zu verbessern.  

Die beiden Foren setzten sich aus verschiedenen Bürger*innen zusammen, hatten jedoch dieselbe Aufgabe, dieselben Sachverständigen und Moderator*innen. Die Teilnehmer*innen mussten abwägen, ob und weshalb acht Beispiele für anonymisierte Patientendaten akzeptabel waren.  Bei vier Beispielen handelte es sich um bereits in Planung befindliche Initiativen, wie z.B. die Nutzung von Gesundheitsdaten zur Schulung von Rettungskräften, um die Anzeichen für einen Schlaganfall besser zu erkennen.  Bei den anderen vier Beispielen handelte es sich um potenzielle Nutzungsmöglichkeiten durch gewerbliche Anbieter wie z.B. die Entwicklung intelligenter Software zur Diagnose von Sepsis, einer lebensbedrohlichen Krankheit.  

Die Bürgerforen entschieden, dass: 

  • Sämtliche geplanten und zwei der potenziellen Nutzungen von den meisten Teilnehmer*innen als angemessen erachtet wurden, da sie einen Nutzen für die Allgemeinheit boten. 

  • Die Bürger*innen hatten jedoch bei den Beispielen, die dazu dienen sollten, die Effizienz im Gesundheitswesen zu steigern, Bedenken, dass sich hieraus eine Ungleichbehandlung oder eine Schließung von Gesundheitsdiensten ergeben könnte, auch wenn sie durchaus einsahen, dass diese auch einen Nutzen haben könnten.

  • Kommerzielle Gewinnabsichten über den Nutzen für die Allgemeinheit hinaus wurden von den Bürger*innen als akzeptabel eingestuft, wenn der Profit nicht an erster Stelle steht. Dies galt unabhängig von den datenschutztechnischen Maßnahmen. Bei einigen Teilnehmer*innen erhöhte sich die Akzeptanz für eine kommerzielle Nutzung durch die Diskussionen und die gegebenen Informationen.

 

Weitere Informationen

Ein Video zur Arbeit der Bürgerforen findet sich hier:

https://www.connectedhealthcities.org/chc-hub/public-engagement/citizens-juries-chc/citizens-juries/

Wissenschaftliche Veröffentlichung:

Tully MP, Hassan L, Oswald M, Ainsworth J.  Commercial Use of Health Data – a Public “Trial” by Citizens’ Jury.  Learning Health Systems 2019; e10200: 1-13. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/lrh2.10200