Früherkennung eines Krebskillers

Identifizierung von Personen mit einem hohen Darmkrebsrisiko mit einem bereits existierenden Bluttest.

Worin bestand die Herausforderung?

Das Kolonkarzinom (auch Dickdarmkrebs genannt) und das Rektumkarzinom (Mastdarmkrebs) sind die zweithäufigste Krebsart, die bei 470.000 Europäer jedes Jahr diagnostiziert werden. 228.000 Europäer sterben jedes Jahr daran. Wie viele andere Krebsarten gilt auch hier: Je früher die Krebserkrankung erkannt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Behandlung erfolgreich ist. 

Aus diesem Grund werden Erwachsenen in einigen Ländern standardmäßig Tests (ein so genanntes Screening) auf Darmkrebs angeboten, insbesondere für Patient*innen mit einer familiären Vorgeschichte. Allerdings nimmt nur ca. die Hälfte der Personen, die für ein Screening in Frage kommen, dieses Angebot auch wahr.

Was war das Ziel dieser Untersuchung?


Die Untersuchung sollte herausfinden, ob man Personen mit einem höheren Risiko für eine solche Krebserkrankung durch Analyse der Ergebnisse einer Blutuntersuchung identifizieren und sie für eine Teilnahme am Screening gewinnen kann. Dabei wurde auf Daten von Blutuntersuchungen zurückgegriffen, die aus anderen Gründen erfolgt waren.

Warum und wie wurden Gesundheitsdaten genutzt?

Die Patientendaten stammten aus zwei unabhängigen Quellen: Vom Maccabi Health Services (MHS), einer der vier Health Maintenance Organizations in Israel, und dem britischen Health Improvement Network (THIN). In allen Fällen waren die Daten anonym und umfassten nur das Alter, das Geschlecht und mehrere Laborwerte. Mit dem Krebsregister in Israel und der britischen THIN-Datenbank wurde abgeglichen, ob die Patient*innen an Krebs erkrankten oder nicht.

Die Forscher*innen entwickelten einen neuen Algorithmus zur Bewertung des einzelnen Darmkrebs Risikos für Personen über 50. Ein Algorithmus ist ein Satz von Regeln, die z.B. von einem Computerprogramm zur Analyse und Verarbeitung von Daten für eine bestimmte Ausgabe verwendet wird. Für die Entwicklung des Algorithmus dieser Studie wurden anonyme Blutuntersuchungsergebnisse von 450.000 Personen des MHS analysiert. Die große Zahl an Patiententests wurde benötigt, damit auch seltene Kombinationen von Testergebnissen und Krebsrisiko erkannt werden konnten.

Bevor der Algorithmus zum Einsatz kam, wurde er mit zwei getrennten und unabhängigen Sätzen von Blutuntersuchungsergebnissen von Patient*innen in der Primärversorgung getestet: Mit den Daten von weiteren über 139.000 israelischen Patient*innen des MHS und über 25.500 britischen Patient*innen des THIN. Trotz der unterschiedlichen Populationen zeigte der Algorithmus bei beiden Blutuntersuchungsergebnissen eine gute Leistung.

Auf welcher gesetzlichen Grundlage durften die Daten genutzt werden?

Die Verwendung der Gesundheitsdaten erfüllte die gesetzlichen Vorgaben zum Datenschutz, da sämtliche Patienten Datensätze vom MHS und dem THIN unkenntlich gemacht wurden, sodass kein*e Patient*in identifiziert werden konnte, bevor die Forscher*innen Zugriff auf die Daten erhielten.

Was war das Ergebnis?

Das Computerprogramm wird mittlerweile als Teil eines Darmkrebsscreenings  vom Unternehmen Early Sign angeboten. Es ist in Israel und Großbritannien erhältlich. Andere Länder sollen in der nahen Zukunft folgen.


Welchen Nutzen hatte die Studie für Patient*innen und das Gesundheitswesen?

Es hilft Mediziner*innen dabei, Patient*innen zu identifizieren, bei denen ein höheres Darmkrebsrisiko besteht. Diesen Patient*innen kann so nahegelegt werden, an einem formalen Screening teilzunehmen. Die ersten Erfahrungen mit diesem Algorithmus zeigen, dass bei 9% der Personen, die als Hochrisikopatient*innen eingestuft wurden, bei einer vollständigen Screening-Untersuchung Darmkrebs in einem sehr frühen Stadium festgestellt wurde, der dann behandelt werden konnte.


Weitere Informationen:

Fachartikel:

https://academic.oup.com/jamia/article/23/5/879/2379871

Zur weiteren Evidenz, die sich aus der kommerziellen Verwendung des Modells ergab, siehe hier:

https://ascopubs.org/doi/abs/10.1200/CCI.17.00130?journalCode=cci&