Nationale Krebsregisterdaten zum Nutzen von Hirntumorpatient*innen

2015 erkannte die Wohltätigkeitsorganisation „Braintrust“ die sich zum Thema „Hirntumoren“, einsetzt, die einmalige Chance: eine größer werdende Lücke zwischen dem „traditionellen “ Ansatz in der Krebsepidemiologie (Epidemiologie = Wissenschaft, die das Neuauftreten und die Verbreitung von Erkrankungen untersucht) und Fragen, die Mediziner*innen und Patient*innen haben könnten. Es bestand Bedarf für den Aufbau eines Registers, um eine Diskussion über Krebs anzuregen, die über die üblichen Indikatoren (Zeichen, Hinweise)  hinausgeht:

  • 1-, 3- und 5-Jahres-Überleben 

  • Mortalität (Sterblichkeit) und Morbidität (Erkrankungsrate)

  • Prävalenz (Verbreitung von Erkrankungen in der Bevölkerung)

  • Inzidenz (Neuauftreten von Erkrankungsfällen)

  • Geschlecht

  • Alter

Ziel war es, bei der Diskussion der Epidemiologie der medizinischen Versorgung auch allgemeine Fragen zur medizinischen Versorgung von Patient*innen, Pflegenden und Mediziner*innen anzusprechen. Die Wohltätigkeitsorganisation analysierte die Registerdaten anders, um für die Hirntumor-Community wichtige Fragen beantworten zu können und erstellte einen Prozess, der auch von anderen Einrichtungen rund um Krebserkrankungen  angewendet werden kann. 

Der Einfluss dieser Untersuchung auf die Politik war erheblich. Auf der Konferenz „Britain Against Cancer“ (Dezember 2017) veröffentlichte die parteiübergreifende parlamentarische Arbeitsgruppe des Vereinigten Königreichs (All Party Parliamentary Group - APPG) zu Krebs ihre Untersuchung mit dem Titel „Progress of the England Cancer Strategy: Delivering outcomes by 2020?“ („Fortschritt der englischen Krebsstrategie: Können wir 2020 Ergebnisse erwarten?“). Über die Bedenken hinaus, die die APPG in der Untersuchung äußert, „fordert sie den NHS England und Public Health England dazu auf, die Datentransparenz zu erhöhen, indem der Öffentlichkeit mehr Daten zur Verfügung gestellt werden“, und fordert, dass „diese auch seltene und weniger häufige Krebserkrankungen, sämtliche Aspekte der Erfahrungen von Patient:innen sowie nationale und lokale Daten umfassen müssen.“  [1]

Sechs Jahre nach dem Start des „Brainstrust“-Projekts sind die Systeme mittlerweile gut etabliert, die Anonymität der Patient*innen ist gewährleistet, und es gibt nun einen bislang noch nie dagewesenen Zugang zu Daten zu seltenen und weniger häufigen Krebsarten wie z.B. Hirntumoren.

Methode

Um ihre Pflicht als Gesundheitsbehörde zu erfüllen, die für die Krebsprävention und -kontrolle in England zuständig ist, wird vom NDRS erwartet, dass es Evidenz (Dokumentation über erlangtes Wissen) zur Krebsinzidenz, -diagnose, -behandlung und zum Überleben erstellt. Hierzu erzeugt das NDRS eine Reihe von Eckdaten (Standardausgabetabellen), darunter auch offizielle Statistiken und Berichte, und unterstützt so die Public-Health-Forschung zu Krebs. 

Für eine Standardausgabe werden sämtliche Krebsdiagnosen in Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe umfasst ca. 100 Personen mit denselben Eigenschaften. Diese Gruppierung ist mit einem Baum vergleichbar, bei dem die erste Verzweigung die Gruppe „sämtliche Tumoren“ und jede weitere Verzweigung einen Faktor darstellt (z.B. Alter, Region, Geschlecht). Ist die Verzweigung so weit fortgeschritten, dass sich auf dem Ast nur noch wenige Tumoren befinden, kann er sich nicht weiter verzweigen, ohne dass Gruppen mit weniger als 100 Personen entstehen, sodass der Baum an dieser Stelle endet. Befinden sich auf dem Ast ausreichend viele Tumoren, so verzweigt er sich weiter, wobei der nächste Faktor zur Verzweigung herangezogen wird.

Wesentliche Ergebnisse

Zu den wichtigsten Ergebnissen dieser Untersuchung zählen: 

  • Die Entwicklung einer entsprechenden IT-Schnittstelle - dies ist möglich

  • Sie macht Daten lebendig

  • Diese Untersuchung hat auch Auswirkungen auf andere Datensätze, z.B. die frühe Diagnose

  • Die sich daraus ergebenden Themen stehen in Einklang mit den von der James Lind Alliance postulierten Top-Ten-Unsicherheiten [2]

Basierend auf der ersten veröffentlichten Statistik kristallisieren sich drei Themen heraus, die einer weiteren Untersuchung bedürfen:

  1. 110% der Personen mit einem nicht-malignen Hirntumor (NMBT) überleben weniger als ein Jahr. 

  2. Der Anteil an 5 – 9-Jährigen, die eine Strahlentherapie erhalten, sank von 43% im Jahr 2013 auf 27% im Jahr 2014.

  3. Man kann beobachten, dass bestimmte Gruppen (30 – 49-Jährige und 50 – 69-Jährige) zwar dieselbe Therapie erhalten, jedoch mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen bei den Gruppen.

Diese erste Veröffentlichung von Daten stellt einen Wendepunkt dar, da Public Health England jetzt in der Lage ist, sichere und geschützte Leitlinien, Prozesse und Verfahren zu gewährleisten, die die gesetzlichen Vorgaben und beste Praxis erfüllen und so sicherstellen, dass die Patientendaten gemeinsam genutzt werden und die Anonymität dennoch gesichert ist.

Allerdings: nur Daten alleine ergeben noch keine Geschichte. Durch Erfahrungsberichte der Patient:innen verleiht brainstrust mithilfe von Mediziner*innen, Patient*innen und Partner*innen im Gesundheitswesen diesen Daten eine Stimme. Ein Beispiel für die Berichte zu den Daten finden Sie hier: https://brainstrust.org.uk/brain-tumour-data-highlights-urgent-unmet-needs-for-people-with-non-malignant-tumours/.

Brainstrust arbeitet auch daran, die Daten grafisch so aufzubereiten, dass sie informativ, zugänglich und für die Allgemeinheit von Interesse sind. Das Dashboard des brainstrust mit den aufbereiteten Daten finden Sie hier: https://brainstrust.org.uk/brain-tumour-data/.

Sämtliche zukünftigen Daten des Projekts werden auch weiterhin dazu dienen, die Diskussion voranzutreiben, weg von traditionellen Verfahren  die sich auf die Inzidenz und das Überleben konzentrieren, hin zu Evidenz auf Ebene der Gesamtbevölkerung - für einen besseren Versorgungsstandard für Personen mit Hirntumoren und ihre Angehörigen.

„Wir freuen uns, dass wir das NDRS bei dieser Untersuchung unterstützen konnten, und bedanken uns bei allen, die so hart dafür gearbeitet haben, um unsere Erwartungen zu erfüllen.“

Unser Dank gilt Helen Bulbeck, Direktor, brainstrust, für die Freigabe dieser Fallstudie als Beispiel dafür, wie Daten Leben retten. #datasaveslives


brainstrust ist die einzige im gesamten Vereinigten Königreich tätige Wohltätigkeitsorganisation für Hirntumoren, die Patient*innen und ihre Pflegenden unterstützt. Wir wissen, dass die Diagnose „Hirntumor“ ängstigt und isoliert. Es ist ebenso bekannt, dass dies noch dadurch verschlimmert wird, dass man nicht schnell und einfach Zugang zur medizinischen Versorgung und Informationen hat. Ebenso kann eine proaktive Unterstützung, gute Informationen das Wissen und das Verständnis mehren, Ängste abbauen, auf Ereignisse besser vorbereiten, Kontrolle in die Hand geben und die Zufriedenheit mit der Behandlung bei Hirntumorpatient*innen steigern kann. Dafür sind wir da.

brainstrust: 

  • Versetzt Patient*innen in die Lage, für sich einzutreten, und gewährleistet so bessere Ergebnisse

  • Löst echte Probleme gemeinsam

  • Schafft eine Vision für Patient*innen und Pflegende, damit sie besser verstehen, wie ihre medizinische Versorgung aussehen sollte

  • Verleiht Patient*innen/Pflegenden eine Stimme

Wir geben der Hirntumor-Community die Mittel an die Hand, ihre Stimme zu erheben, wenn es am wichtigsten ist. Und das Ergebnis? Das Gefühl, Herr/Frau der Lage zu sein, und bessere Ergebnisse für Personen mit Hirntumoren.

[1] APPG on Cancer Inquiry December 2017

[2] http://www.neuro-oncology.org.uk/priorities/index.php