DigiHealthDay – Pfarrkirchen: Ein internationaler Wissensaustausch und warum es bei AI immer um Menschen geht …

von Birgit Bauer 

"Technology (AI) will not change anything, it's the people behind technology" Dr. Rajendra Pratap Gupta (PHD)

Technologie, in diesem Fall künstliche Intelligenz, wird nichts ändern, es liegt an den Menschen hinter der KI, so ein Zitat von Dr. Rajendra Pratap Gupta (PHD) beim DigiHealthDay 2023 des Deggendorf Institute of Technology am 10. November in Pfarrkirchen.

Zahlreiche internationale Experten zum Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen und Teilen von Gesundheitsdaten trafen auf StudentInnen, um sich gemeinsam intensiv dem Austausch von Wissen rund um Digitale Gesundheit und mit vielen Fachfragen zu befassen. Das Ergebnis sind neben zahlreichen Vernetzungen, Erkenntnisse und Perspektivenwechsel, die durch die einzelnen Vorträge, begonnen beim aktuellen Status der Digitalisierung bis hin zum Blick in die Zukunft von Gesundheitszentren auf Meta, möglich wurden. Eine kleine Stadt in Niederbayern wurde für einen Moment zum Zentrum der Digitalisierung im Gesundheitswesen in Europa und zu einem HotSpot für spannende Diskussionen und einem Austausch von Wissen auf sehr hohem Niveau. Das Organisationsteam unter der Leitung von Prof. Georgi Chaltikyan hatte eine Veranstaltung auf die Beine gestellt, die sowohl Mediziner informierte und mit  Tech Gurus vereinte.

So entstand eine Plattform, die wir von Data Saves Lives Deutschland um eine neue Perspektive erweiterten: Patienten.

Als Gründerin und Projektkoodinatorin und als Frau, die mit MS lebt, hatte ich das Vergnügen einen Impulsvortrag zum Thema „Patienten involvieren und deren Power nutzen!“ zu halten und zu erläutern, wie man Patienten und deren Skills involviert und so bessere Lösungen schafft.  Stichwort Patientenpartizipation oder #patientsinvolved.

Foto Pilar Fernandes!

Bekannt ist, dass gerade Expertenkreise gerne über PatientInnen diskutieren, aber nur selten mit ihnen. Wir wissen auch, dass das nicht reicht.

PatientInnen verdienen einen besseren Platz als den an der Seitenlinie, wo sie ab und an eine mehr oder weniger spannende Frage erhalten, aber sonst nur selten gehört werden. Im Gegenteil. Wenn man Gesundheit digitalisieren will, muss man das mit allen Beteiligten tun. Menschen mit Erkrankungen und deren pflegende Angehörige gehören unbedingt dazu. „Lippenbekenntnisse reichen nicht. Patienten einzuladen, aber nur, damit man sagen kann, dass sie dabei waren, ist keine dauerhafte Lösung“, so eines meiner Statements dazu. Als Mensch, der mit MS lebt, kenne ich den Zustand genau, wenn an mir vorbei entschieden wird. Und ehrlich gesagt, ich mag ihn nicht. Ich bin, wie alle Menschen mit Erkrankungen durchaus in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen. Besonders wenn sie direkten Einfluss auf mein Leben haben. Und genau das passiert, wenn eine Entscheidung von anderen getroffen wird: sie betrifft Menschen mit Erkrankungen direkt. Das heißt, der Effekt tritt oft sofort ein und wir als Menschen mit Erkrankungen müssen damit klarkommen. Ob das nun zu unserem Lebensstil passt, interessiert selten.

Unser Vortrag brachte viele Menschen zum Nachdenken und wir erhielten tolles Feedback. Viele StudentInnen erkundigten sich beim Team DSL DE nach weiteren Informationen oder Erkenntnissen, die sie für ihre Masterarbeiten oder Projekte nutzen können.

Auch das Thema künstliche Intelligenz kam ins Spiel.

Für uns von DSL DE ist es ein spannendes Thema. Uns ist klar, es gibt noch viel zu verstehen. Wir sind oft mit nicht korrekten Aussagen konfrontiert, KI übernehme das Ruder und sei an sich gefährlich. Auch die Angst, dass KI in der Behandlung eine führende Rolle übernehmen und ÄrztInnen quasi überflüssig machen könnte, geht in Patient Communities und oft bei Patientenorganisationen um.

Daher war der Vortrag von Dr. Gupta so spannend. Klar ist, KI hilft. Schon heute wird sie zum Beispiel in der Radiologie als Unterstützung eingesetzt und kann frühzeitige Symptome identifizieren, wie zum Beispiel bei Diabetes. Hier wird eine KI eingesetzt um anhand von Röntgenbildern des Brustkorbs potenzielle Diabetes-Typ2-Risikopatienten bereits Jahre vor einer offiziellen Diagnose zu identifizieren. [1]

Klar ist, KI muss kontrolliert werden, ebenso zählt die Qualität des Wissens, mit dem man den Algorithmus anreichert.  Eine Erfahrung, die wir im Kleine machten, mit ChatGPT, den wir zum Welt MS Tag an seine Grenzen brachten und der Bot zugab: Ich weiß nicht alles, ich bin nur so gut, wie meine Quellen sind. Die EU hat sich im Juni 2023 in Sachen AI Act positioniert und ein Rahmenwerk geschaffen um die Nutzung von künstlicher Intelligenz zu regulieren. [2] Ob das reicht? Derzeit ist die Sache unklar, es wird weiter diskutiert. Wir müssen informiert sein, was geschieht und es ist Zeit bewusst zu agieren. Das wurde im Vortrag von Dr. Gupta klar, denn Nachteile in der Versorgung und Behandlung für PatientInnen können durchaus entstehen.

Kommunikation und Wissen und die Diskussion!

Es ist nötig, verständliches wie einfach zugängliches Wissen in die Öffentlichkeit und besonders für PatientInnen und Patientenorganisationen bereit zu stellen. Ebenso ist eine öffentliche Debatte notwendig. Gerade was KI betrifft, müssen wir damit aufhören, pauschale Allgemeinplätze zu teilen, die vom Hören Sagen garniert mit der eigenen Meinung und einem gewissen Unverständnis in Sachen Fachjargon in die Communities fließen. Wir müssen damit beginnen, zu lernen, zu reden und zu fragen, damit sich PatientInnen und BürgerInnen eine fundierte und korrekte Meinung bilden können.

Eine weitere Erkenntnis des DigiHealthDays war die, dass Wissenschaftler, Experten und Patienten zusammenkommen müssen. Wir brauchen einen gemeinsamen Dialog und müssen voneinander lernen. Nicht immer sind Positionen eindeutig und manchmal muss man die andere Perspektive verstehen, um gemeinsame Wege zu finden. Daher müssen alle einbezogen werden. Patienten können hierbei oft eine wichtige Rolle einnehmen. Sie sind Experten in ihrer Erkrankung und kennen die Bedürfnisse genau. Oft finden sie machbare Lösungen, die helfen können, Digitalisierung patienten- / nutzerfreundlich zu gestalten. Damit die einzelnen Lösungen wie KI genutzt werden.


Gemeinsam bitte! Wir brauchen eine Sprache um einander zu verstehen!

Um das zu realisieren, da sind sich die Experten einig, ist es noch ein langer Weg. Oft genug  befinden wir uns in unseren kuscheligen Silos, wo wir uns verstehen und eine Sprache sprechen. Etwas das wir ändern müssen, wir müssen lernen, einander verstehen und gemeinsame Wege finden. Damit aus Patienten wieder Menschen werden. Menschen, die informiert entscheiden und die hinterfragen, kritisch denken und damit die Geschicke einer guten und gesunden digitalen Gesundheitsgestaltung mitbestimmen.




[1] https://t3n.de/news/diabetes-ki-warnzeichen-jahre-diagnose-1585952/

[2] https://eu-digitalstrategie.de/ai-act/#:~:text=Mit%20dem%20Artificial%20Intelligence%20Act,in%20der%20Forschung%20und%20Wirtschaft